Leverkusen Er ist einer der erfolgreichsten Torschützen des deutschen Fußballs in Ost und West gewesen. In der Oberliga der DDR erzielte Ulf Kirsten in 154 Spielen 57 Treffer, in der Bundesliga brachte er es in 350 Partien auf 181.Am 16. November beendet der 37- jährige Stürmer, der seine Laufbahn beim BSG Chemie Riesa begann und bei Bayer Leverkusen zur Kultfigur wurde, mit einem Abschiedsspiel in Dresden offiziell seine Spieler-Karriere. »Da ist Traurigkeit dabei, es ist nicht einfach«, sagt Kirsten vor dem endgültigen Adieu.
Der »Schwatte«, wie ihn die Fans wegen seines dunklen Teints und der schwarzen Haare nennen, ist Profi mit Leib und Seele gewesen. Ein leidenschaftlicher Kämpfer und Raubein auf dem Platz. »Ich hatte den absoluten Willen, Tore zu machen«, sagt der dreimalige Torschützenkönig. Nur Gerd Müller (365 Tore), Klaus Fischer (268), Jupp Heynckes (220) und Manfred Burgsmüller (213) haben in der Bundesliga öfter getroffen. »Seine Torquote ist sensationell. Er war ein Torjäger, wie er sein muss«, meint DFB-Teamchef Rudi Völler mit Respekt.
In den 90er Jahren waren es Völler und seine Stürmer-Kollegen Oliver Bierhoff, Jürgen Klinsmann und Karlheinz Riedle, die Kirsten in der Nationalmannschaft im Wege standen. »Ich hatte nie einen Stammplatz, weil es zu meiner Zeit so gute andere Stürmer gab«, sagt Kirsten, »dennoch war ich bei 51 Länderspielen dabei. Darauf bin ich stolz.« Dass bei seinen Weltmeisterschafts-Teilnahmen 1994 und 1998 Deutschland nicht über das Viertelfinale hinaus kam, empfindet er bis heute als Makel. »Dies liegt mir noch im Magen«, so Kirsten.
Vor dem Mauerfall und seinem Wechsel nach Leverkusen 1990 hat er 49 Mal für die DDR-Auswahl gespielt. Als Kirsten in der Qualifikation für die WM 2002 von Völler zum Comeback gedrängt wurde, lehnte er ab. »Es wäre nicht einfach gewesen, mit 36 Jahren allein die Kohlen aus dem Feuer zu holen«, begründet er seinen damaligen Entschluss, »und die WM-Teilnahme wurde ja auch ohne mich geschafft«.
Für Bayer-Manager Reiner Calmund ist Kirsten »der beste Einkauf aller Zeiten«, dem man zu Lebzeiten »ein Denkmal« errichten sollte. Deshalb hat er Abwanderungsgedanken des Torjägers stets durchkreuzt. »Leverkusen war ein Glücksfall für mich. Vielleicht hätte ich ins Ausland wechseln sollen. Angebote gab es genug«, sagt Kirsten rückblickend.
Seit Anfang der Saison ist Kirsten bei Bayer Co-Trainer von Klaus Augenthaler. Ein Positionswechsel, der dem passionierten Kicker nicht leicht fiel. »Es fällt mir schwer, bei Torsituationen ruhig zu bleiben«, bekennt er. In die neue Aufgabe wolle er nun reinwachsen. »Ein Jahr möchte ich lernen, anschauen und abschauen.«
Was er momentan an Leistungen des Bundesliga-Zweiten aus Leverkusen sieht, ist vielversprechend. Da ihm selbst der deutsche Meistertitel verwehrt blieb, hofft er, wenigstens als Teil vom Ganzen auf den großen Wurf. »Vielleicht schaffe ich es als Co-Trainer, da gehöre ich ja auch dazu«, sagt Kirsten, der zugleich aber warnt: »Wenn wir im Mai noch an zweiter Stelle stehen, dann können wir darüber nachdenken. Jetzt müssen wir den Ball flach halten.«
Mit Dynamo Dresden hat er zwei Mal (1989 und 1990) die DDR-Meisterschaft und viele Fans gewonnen. Wenn er im mit 25 000 Zuschauern ausverkauften Rudolf-Harbig-Stadion seinen letzten Auftritt hat, werden zahlreiche prominente Wegbegleiter dabei sein. In »Ulfs Dream-Team«, das von Ex-Bayer-Chefcoach Christoph Daum betreut wird, werden Bebeto, Jorginho, Zé Roberto, Völler und aktuelle Leverkusener Spieler mitwirken. Sie treten gegen die »Dynamo Allstars« mit Thomas Doll, Hans-Jürgen Dörner, Torsten Gütschow und vielen anderen an. Der Erlös der Partie geht an den Dresdner Fußball.